Selfies ohne Selbst (XXII)

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Kulturgut Haus Nottbeck, Oelde

Mitunter verwandelt sich das Schreiben in eine edle, fast fromme Tätigkeit. Um 20 Uhr 30 ging ich hinunter ins geschlossene Café, schaltete die Lichter an, setzte mich an einen der Tische, öffnete eine Flasche Paderborner Pilsener, schenkte mir ein Glas ein und begann, Tagebuch zu schreiben. Ich war allein in einem alten Rittergut, das mittlerweile ein Literaturmuseum beherbergt, und fühlte mich versetzt in den Speisesaal eines Klosters.

Der Schrankmann

Das ist die Geschichte von Kristian Vandet Jørgensen, eine auf wahren Begebenheiten beruhende Erzählung, die 1914 in Jütland ihren Anfang nimmt und bis in die Gegenwart reicht. Eine Geschichte über Isolation, Inspiration, Treue, Kunst und Krieg; über Nachbarschaft, Downsizing, Tiny Houses und die Liebe eines Mannes zu seinem Schrank.

für Felix Kubin

1914 kommt der Molkereiarbeiter Kristian Vandet Jørgensen im Alter von siebzehn Jahren mit einer Schubkarre, auf der er einen Kleiderschrank transportiert, aus dem Norden des Landes an den Oddesund und lädt das Möbel am Strand von Skibdal ab. Die nächsten drei Jahre lebt Jørgensen in dem Schrank, der ungefähr einen Meter achtzig hoch, fünfundneunzig Zentimeter breit und fünfzig Zentimeter tief ist. Hochkant gestellt kann Jørgensen in dem Schrank stehen, sitzen und kochen. Nachts, wenn er schlafen will, legt er den Schrank auf den Boden, kriecht hinein, streckt die Beine aus, klappt die Tür zu und verriegelt den Schrank von innen mit einem Haken. Aus nächster Nähe erlebt Jørgensen so den Dampfschiffbetrieb mit und sieht die Fähren zwischen Oddesund Nord und Oddesund Süd hin und her fahren. 1917 zieht er mit seinem Schrank weiter an den Strand von Vesterfjord. Seine Toilette ist ein Bach in einem Kiefernwald und sein Badezimmer die Nissum Bredning…

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Selfies ohne Selbst (XXI)

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Baan Wang Lang Riverside, Bangkok

Als goldenes Schmückstück leuchteten der Pylon und die Brückenseile in der Nacht. Das Vergnügungsschiff auf dem Chao Praya erschien mir wie ein lilafarbenes Raumschiff. Bei dieser Aussicht fiel es mir schwer, mich auf den leeren weißen Bildschirm und den Anfang des Textes zu konzentrieren.

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