Kategorie-Archive: Öffentlicher Dienst

Schelfe

Karl Schelfe (: Hülsenfruchtschote; Obst-, Nuß-, Kartoffelschale) = Verleger, Dichter, Schriftsteller, Setzer, Binder, Leser und Rezensent seiner Werke : exegi monumentum aere perennius. Obwohl nur zwanzig Menschen (aber was für welche) seine Bücher lesen, druckt er immer gleich neunhundertneunundneunzig. Er kann es sich leisten : Lehrer, Beamter, Altphilologe, Oberstudienrat = die Schulbehörde hat Karl Schelfe untersagt, seine Werke im Unterricht zu verbreiten.

Schema

»Wohin man auch reist, es soll überall der Apparat vorgefunden werden, der alles, was Reise heißen darf, befriedigt. Die Reise als Schema, der Urlaub als Schema, so wie die Arbeit ein Schema ist. Bis in die Extravaganzen wird alles festgelegt, damit niemand das System transzediert. Der Terror auf Samtpfoten, halb bewusst, unbewusst.« (Gerhard Amanshauer, Es wäre schön, kein Schriftsteller zu sein)

Michael Rutschky presents DAS SCHEMA

Wiedererkennen

»Es gibt Untersuchungen darüber, daß die Wiedergabe der Verhältnisse in Entenhausen realistischer ist als die der Erlebnisse von Micky Mouse und Kater Carlo, was natürlich daran liegt, daß Micky Mouse als pazifistischer Antikriegsheld und das heißt: als Ideologieträger konzipiert worden ist, während die Geschichten um Donald Duck schlicht nur die geringere Aufgabe hatten, von Anfang an, die bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse in einem verhältnismäßig geschlossenen administrativen räumlichen Gebilde, so wie sie sich infolge leicht verständlich gemachter Analyse darstellen, wiederzugeben. In Entenhausen sollten wir uns wiedererkennen, in Micky Mouse manifestierte sich ein vorübergehender kategorischer Imperativ.« (Peter O. Chotjewitz, Trivialmythen)

Konzept für eine Literatur- und Kulturveranstaltung im Goethe-Institut Prag, an dem an einem Tag weite Teile des Instituts gleichzeitig und über einen längeren Zeitraum bespielt werden [Auszug]

[…] Raum 9: Sauna-Lesung
Einer der spektakulärsten und skurrilsten Räume des Instituts ist die Sauna im Gebäudekeller. Wenn man drei (auch verschließbare) Türen zusperrt, ist es möglich, den Besucher über die Treppe direkt in die Räume zu leiten – und wieder zurück.
Die Sauna, die aus mehreren Räumen besteht, ist als Ort allein schon sehenswert – und es wäre gut, sie ebenfalls über einen längeren Zeitraum zu bespielen.
Damit nicht gleichzeitig zu viele Besucher in die Saunaräume strömen, sollte man den Zugang beschränken: Bspw. könnte man verlangen, dass die Besucher die Schuhe ausziehen und in (bereit gestellten) Saunaschuhen in die Räume treten – so dass zeitgleich nur vier oder sechs Personen die Saunaräume besichtigen können. Dort werden sie von drei Lyrikern erwartet (am besten mehrsprachig: deutsch, englisch, tschechisch). Die Besucher können sich nun die Räume anschauen – und in den Genuss einer intimen Vieraugenlesung in dem eigentlichen (ausgeschalteten) Sauna-Raum, der entsprechend hergerichtet ist (Licht, Kerzen etc.), kommen: Der Besucher wählt sich seinen Wunschlyriker bzw. seine Wunschsprache aus – und die zwei gehen in den Saunaraum und der oder die Lyrikerin liest exklusiv für den Besucher ein Gedicht vor.
Meine Erfahrung zeigt, dass solche Vieraugenlesungen lange im Gedächtnis bleiben (ich selber hatte auf der Mainzer Minipressenmesse eine Vieraugenlesung, bei der ich mit dem Vortragenden mittels einer Hebebühne mehrere Meter in die Höhe gehoben wurde). Die Sauna könnte natürlich auch eingeschaltet sein und die Lesung im Morgenmantel stattfinden – das könnte allerdings organisatorisch ein Problem werden (Bereitstellung der Morgenmäntel, Handtücher etc.), zum anderen müssten dann im Vorfeld mit den Besuchern feste Lesungstermine abgesprochen werden – damit nicht aus Versehen immer der selbe Lyriker in die Sauna muss.
[…]

Fragen eines wohnenden Schriftstellers

Darf man in der Wohnung rauchen?
Wie geht der Herd an?
Kann man den Anrufbeantworter abstellen?
Der Fleck auf dem Teppich stammt nicht von mir
Sondern vom Vorgast
Heiner Goebbels
Behaupte ich
Der Teppich ist jetzt ein Vermögen wert
Gibt es einen Fön?
Wie funktioniert die Spülmaschine?
Darf ich in das Waschbecken–
Am Dienstag ist mein Nudelwasser übergekocht
Fast eine Stunde lang
Habe ich das Ceranfeld geschrubbt
Nach intensiver Internetrecherche
Im Treppenhaus
Vor dem Fahrstuhl
Netzwerk: Cafe
Passwort: goethe!89?
Wir gedenken 20 Jahre Mauerfall
Die Lehrmeinungen gehen auseinander
Manche empfehlen Essig
Andere heißes Wasser und viel Geduld
Unter der Spüle fand ich einen Spezialreiniger
Von Hagesan
Es hat alles nichts geholfen
Das schiebe ich Doktor Blömeke in die Schuhe
Oder Doktor Eder
Meine Bilanz:
Ein zerbrochener Deckel
Mein Vorschlag zur Anschaffung:
Eine Teekanne
Eine Thermoskanne
Und Vorhänge in der Küche und im Arbeitszimmer
Wie alle Schriftsteller
Arbeite ich am liebsten nackt

Wälzer

»Trotz alledem ist meine Belesenheit gering, zumal wenn ich sie mit der von Schriftstellerkollegen vergleiche […]. Allerdings muß ich immer über die Wälzer lachen, mit denen sie in der Regel ankommen (was für ein Gewuchte! aber sie sind stark!) – Wälzer, deren Umfang in keiner Relation zu den durchsichtigen, hauchdünnen Büchern stehen, die sie selbst produzieren. Und dann fallen Worte wie ›Einfluß‹.« (A.F.Th. van der Heijden, Engelsdreck)

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